Mimi, eine der zentralen Figuren der Flüchtlingsproteste in Berlin, ist gestorben. Am Donnerstag gedachten ihrer Unterstützer, Freunde und Anwohner vor der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg.
Mimis Enttäuschung konnte man sehen, hören, fühlen. Die Parole des Flüchtlingsprotests „Say it loud, say it clear, refugees are welcome here“, schrie sie immer aus vollem Hals, bis es weh tat. Bis die Stimme versagte. Am Oranienplatz, an der Gerhart-Hauptmann-Schule, immer in der ersten Reihe. In den vergangenen Jahren wurde sie zu einem der wichtigsten Gesichter der Flüchtlingsproteste in Berlin. Am Mittwoch ist sie gestorben. „Sie war unheilbar krank und hat die letzten zwei Tage in der Wohnung einer Bekannten verbracht“, sagte Canan Bayram, die für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt.
Mimi, deren Nachname nie eine Rolle spielte, wurde 36 Jahre alt.
Am Donnerstagvormittag gedachten ihrer etwa 80 Unterstützer, Freunde und Anwohner vor der Gerhart-Hauptmann-Schule in der Ohlauer Straße in Kreuzberg. Sie legten Blumen ab, zündeten Kerzen an und befestigten Fotos von ihr am Zaun. Canan Bayram, der Linken-Politiker Hakan Tas und Fabio Reinhardt von den Piraten waren direkt nach der Bürgermeisterwahl zusammen aus dem Abgeordnetenhaus gekommen. Alle drei hatten zwischen Flüchtlingen, Bezirk und Senat vermittelt und kannten Mimi gut. Sie hatte bis zuletzt in der besetzten Schule gelebt, als im Sommer viele Flüchtlinge das Gebäude verließen, harrte sie mit anderen aus. Auch bei den Protesten am Oranienplatz war sie eine der wichtigen Figuren. „Sie war eine große Kämpferin“, sagte Bayram am Donnerstag.
„Ich kam nach Deutschland mit ganz viel Hoffnung“
Als Kind in Kenia redete Mimi viel, obwohl die Erwachsenen ihr den Mund verboten. „Ich habe als kleines Mädchen schon gemerkt, dass eine Frau in Afrika keine Stimme hat“, sagte die 36-Jährige vor vier Monaten in einer Videoaufnahme, die
„Die Schule muss bleiben – als Wohnraum und als ein Symbol.“im Rahmen eines Kunstprojektes auf dem Oranienplatz entstand. Deswegen kam sie 1997 nach Deutschland, jung und allein. „Ich dachte, es müsse einen Ort geben, wo Frauen Rechte haben.“ Doch für einen sicheren Aufenthaltsstatus hätte sie heiraten oder Kinder bekommen müssen. „Ich kam nach Deutschland mit ganz viel Hoffnung – aber leider hat das alles nicht geklappt. Meine Träume sind zu Alpträumen geworden“, berichtete sie in dem Video. 17 Jahre lang kämpfte sie für eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, eine Perspektive, die sie nie bekam. Sie träumte davon, eine Lehre als Tontechnikerin zu machen. „Mimi war enttäuscht vom deutschen System“, sagte Bayram.
Zur Flüchtlingsbewegung kam sie, weil sie sich auch nach so langer Zeit in Deutschland noch als Flüchtling fühlte. Nach 12 Jahren habe sie ihr Vermieter aus ihrer Wohnung in der Reichenberger Straße geworfen, erzählte sie im Video. Er habe die Wohnung sanieren und teurer weitervermieten wollen. Als Mimi nicht zuhause war, sei die Wohnung zwangsgeräumt worden. Ihre Plattensammlung, ihr Plattenspieler, ihre Dokumente, ihr Leben – weg. „Ich stand auf der Straße.“
Die Schule war für sie auch eine Möglichkeit, im Kiez zu bleiben. „Da fühle ich mich wohl, da bin ich zu Hause“, sagte sie. Auch wenn Kreuzberg jetzt Schickimicki werde, die Geschichte des Bezirks zeige, dass dort alle ihren Platz finden könnten. „Deswegen muss die Schule bleiben als Wohnraum und als ein Symbol.“ Dafür kämpfte sie.
Die Aktivistin redete und schrie bis zum Schluss, um sich eine Stimme zu verschaffen. Erst in Afrika, dann in Deutschland.
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