KOP – Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt – und die Kampagne Gerechtigkeit für Hussam Fadl rufen anlässlich des 4. Todestages von Hussam Fadl zu einer Kundgebung auf.
Sonntag: 27.09.2020 um 15:00 Uhr auf dem Oranienplatz in Kreuzberg
Vor vier Jahren, am 27.09.2016, wurde Hussam Fadl von der Berliner Polizei von hinten erschossen. Die Ermittlungen im Fall von Hussam Fadl wurden unzureichend und wenig sorgfältig geführt – der Verdacht liegt mehr als nah, dass wieder einmal ein Fall tödlicher rassistischer Polizeigewalt verschleppt werden soll. Das wollen wir nicht hinnehmen!
Deshalb treffen wir uns am 27.09.2020 um 15 Uhr auf dem Oranienplatz in Kreuzberg. Wir gedenken Hussam Fadl und allen Toten rassistischer Polizeigewalt und fordern Aufklärung und Anklageerhebung gegen die Todesschützen!
Gemeinsam mit euch bauen wir öffentlichen Druck auf, denn Hussam Fadl war kein Einzelfall!
Zusammen werden wir das Radiofeature “Vier Schüsse und das Schweigen danach” hören. Es erzählt vielstimmig die Geschichte von Hussam Fadl und den weiteren Vorgängen. Das Feature** ist auf deutsch und dauert ungefähr eine Stunde, also bringt euch was zu sitzen und eure Nachbarinnen und Freundinnen mit!
Hussam Fadl wurde am 27.09.2016 von Berliner Polizei von hinten erschossen. Bisher gibt es keine Anklageerhebung gegen die Todesschützen. Es bleibt nur noch ein gutes Jahr, dann wird der Fall verjährt sein, und alle Aussicht auf ein juristisches Verfahren damit zunichte. Das würde wieder einmal bedeuten, dass die Polizei ohne strafrechtliche Konsequenzen einen Menschen getötet hat.
Deshalb müssen wir den Druck auf die Ermittlungsbehörden erhöhen, und die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Fall lenken. Kommt zur Kundgebung, bringt eure Freund*innen, Nachbar*innen, Schwestern, Opas, Kolleg*innen und alle anderen mit und fordert mit uns:
– Lückenlose Aufklärung der Erschießung von Hussam Fadl! – Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft und ein Strafverfahren gegen die Polizeibeamten, die auf Hussam Fadl geschossen haben! – Die sofortige Suspendierung der beschuldigten Polizisten!
Überall ist Polizeigewalt, aber überall ist auch Widerstand!
Hussam Fadl, ein Geflüchteter aus dem Irak, lebt mit seiner Frau und drei Kindern in einer Geflüchteten-Unterkunft in Berlin-Moabit. Am 27.9.2016 kommt er bei einem Polizeieinsatz in Berlin ums Leben. Die Polizei wird später von einem Messer in der Hand des Erschossenen sprechen, um ihre Handlung als Notwehr zu rechtfertigen. Doch bisher ist gar nicht nachgewiesen, ob Hussam Fadl während des Tathergangs tatsächlich ein Messer bei sich trug. Seine Witwe Zaman Gate und ihr Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff kämpfen um die gerechte Aufklärung der Wirklichkeit. Eine vielstimmige Geschichte mit ungewissem Ausgang.
Am 15.03. ist der Internationale Tag gegen Polizeigewalt. Auch in Deutschland ist Polizeigewalt und rassistische Polizeigewalt ein großes Problem, das zu wenig ernst genommen wird – von Staat, Polizeibehörde, Medien oder der Zivilgesellschaft. Das wollen wir ändern. Daher ruft die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt auch in diesem Jahr zum Protest und Gedenken an diesem Tag auf.
Wir wollen am 15. März 2019 Hussam Fadl gedenken, den die Polizei im September 2016 während eines Einsatzes hinterrücks erschoss. Die Ermordung von Hussam Fadl durch die Polizei ist kein Einzelfall. Oury Jalloh, Christy Schwundeck, Halim Dener, N’deye Mareame Sarr,Laye-Alama Condé, Slieman Hamade, Dominique Koumadio, Zdravko Nikolov Dimitrov, Matiullah Jabarkhil und Bekir B. sind nur einige der Menschen, welche die Polizei in den vergangenen Jahren in Deutschland tötete. Polizeigewalt ist in Deutschland alltäglich. Die Betroffenen von Polizeigewalt, die Freund*innen und Hinterbliebenen der Getöteten erfahren in der Regel keine Gerechtigkeit. Im Gegenteil: Sie werden nicht gehört, eingeschüchtert und kriminalisiert. Die Täter*innen hingegen bleiben unverfolgt und Ermittlungen werden manipuliert und eingestellt.
Wir möchten am 15.03 gemeinsam mit Euch eine Gedenktafel an dem Ort einweihen, an dem Hussam Fadl getötet wurde, und über den Kampf seiner Familie für Gerechtigkeit sprechen. Im Anschluss wird es eine Kundgebung mit Live-Musik geben.
Lasst uns gemeinsam Hussam Fadl und all den anderen Opfern von rassistischer Polizeigewalt gedenken und zeigen, dass wir uns dem System von Polizeigewalt, Vertuschung und gerichtlichen Freisprüchen widersetzen.
Lasst uns den 15. März zum Anlass nehmen, um uns zu vernetzen und auszutauschen.
Solidarität mit den Opfern von Polizeigewalt und den Hinterbliebenen! Überall ist Polizeigewalt, überall ist Widerstand! Gerechtigkeit für Hussam Fadl!
Hintergrund über die Tötung von Hussam Fadl
Am 27. September 2016 schoss die Polizei Hussam Fadl im Verlauf eines Polizeieinsatzes bei einer Geflüchtetenunterkunft in der Kruppstraße in Moabit in den Rücken. Am selben Tag starb Hussam Fadl an seinen Verletzungen im Krankenhaus. Die genauen Umstände, die zu den Schüssen führten, sind unklar. Hussam Fadl war laut Zeug*innen unbewaffnet; ein Messer, das die Polizisten bei ihm gesehen haben wollte, trägt nicht seine Fingerabdrücke. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen gegen die betreffenden Polizeibeamten endgültig im September 2017 ein – mit dem Verweis auf Notwehr und Nothilfe. Dies kommt einem Freispruch gleich. Nur dem Kampf von Hussam Fadls Witwe, Zaman Gate, und ihren Unterstützer*innen ist es zu verdanken, dass das Berliner Kammergericht diese Einstellungsbescheide aufhob; die Ermittlungen wurden wieder aufgenommen. Hussam Fadl war mit seiner Familie 2014 aus dem Irak geflüchtet. Er war zu seinem Todeszeitpunkt 29 Jahre alt und hinterlässt eine Frau und drei Kinder.
Information zum Tag gegen rassistische Polizeigewalt
Der internationale Tag gegen Polizeigewalt wird seit 1997 am 15. März begangen. Die anarchistische Gruppe Black Flag aus der Schweiz organisierte ihn erstmalig und als Reaktion darauf, dass die Schweizer Polizei an diesem Tag zwei Kinder im Alter von 11 und 12 Jahren zu Tode schlug. Bei der Organisation und Verbreitung erhielten sie Unterstützung von der Initiative C.O.P.B. aus Montréal (Kanada). Seitdem gehen am 15. März weltweit Menschen auf die Straße, um gegen Polizeibrutalität zu protestieren und der Getöteten zu gedenken.
March 15th is the International Day Against Police Brutality. Police violence and racist police violence is a major problem in Germany that is not taken seriously enough – by state, police departments, media, and civil society. We want this situation changed. This is why this year again, the Campaign for Victims of Police Violence calls for protest and rememberence on that day.
On March 15th, we want to commemorate Hussam Fadl who was shot by the police and got killed from behind in September 2016 during a police operation. The killing of Hussam Fadl is no exception. Oury Jalloh, Christy Schwundeck, Halim Dener, N’deye Mareame Sarr, Laye-Alama Condé, Slieman Hamade, Dominique Koumadio, Zdravko Nikolov Dimitrov, Matiullah Jabarkhil and Bekir B. are only a few of the people who the police killed in the past years in Germany. Police brutality in Germany is everyday condition. People are concerned by police violence, their friends, and the bereaved of the killed persons usually do not find justice. On the contrary: they are not heard, are intimidated and criminalized. The perpetrators, on the other hand, remain unperpursued.The investigations are manipulated and discontinued.
On March 15th, we want to inaugurate a commemorative plaque with you on the place Hussam Fadl was killed, and speak about his family‘s struggle for justice. Subsequently, there will be a rally with live music.
Let us remember Hussam Fadl and all other victims of racist police violence and show that we resist the system of police brutality, cover-ups, and the courts‘ non-guilty verdicts.
Let‘s take March 15th as a cause to connect and interchange.
Solidarity with the victims of police violence and the bereaved! Everywhere is police violence – everywhere is resistance!
Justice for Hussam Fadl!
Background Information Regarding the Killing of Hussam Fadl
On September 27th, 2016, police shot Hussam Fadl in the back during a police fielding at a refugee accomodation in Kruppstraße, Moabit. He died on the same day in the hospital, succumbing to his injuries. The exact circumstances that led to the shots are obscure. According to witnesses, Hussam Fadl was unarmed; a knive that police said to have seen on him did not reveal his fingerprints. In September 2017, the attorney-generalship of Berlin conclusively discontinued the investigation against the police officers concerned – with the reference to self-defense and defense of another person. This equals a verdict of not guilty. Only due to the struggle of Hussam Fadl‘s wife Zaman Gate and her supporters, it came about that the Kammergericht of Berlin repealed the discontinuing notice (Einstellungsbescheide?); the investigation was taken up again. Hussam Fadl and his family fled in 2014 from Iraq. He was 29 years old and leaves behind his wife and three children.
Information Regarding the International Day Against Police Brutality
The International Day Against Police Brutality on March 15th is marked since 1997. It was first organized by the Anarchist group Black Flag in Switzerland, and subsequently to Swiss police beating two children of 11 and 12 years to their deaths on this date. During their organizing and spreading, they gained support from the initiative C.O.P.B. from Montréal (Canada). Ever after and worldwide, people take to the streets on March 15th to protest against police violence and commemorate the persons killed.
Hussam Fadl – von der Polizei von hinten erschossen
Kundgebung 10. Juli, 17:00 Uhr, Platz der Luftbrücke 6, Polizeipräsidium
“Wir sind vor dem Tod geflohen und fanden nichts als den Tod.” (Zaman Gate, Ehefrau)
Am 27.9. 2016 wurde Hussam Fadl, Flüchtling aus dem Irak, bei einem Polizeieinsatz auf dem Gelände einer Flüchtlingsunterkunft von hinten erschossen. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen die verantwortlichen Polizisten wurde Ende Mai 2017 mit dem Verweis auf Notwehr eingestellt. Dies kommt einem Freispruch der Polizisten gleich, die gezielt und von hinten auf Hussam Fadl geschossen haben. Die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP), die Beratungsstelle ReachOut und der Flüchtlingsrat Berlin kritisieren die Einstellung der Ermittlungen und rufen gemeinsam mit Familie Fadl zur Kundgebung gegen tödliche Polizeigewalt auf.
Familie Fadl floh im Jahr 2014 mit drei kleinen Kindern von Bagdad nach Deutschland. Auf ihrer
Flucht übers Mittelmeer und entlang der Balkanroute erlebten sie, was vielen Geflüchteten zustößt:
Hunger, Angst, Ungewissheit, Demütigungen, Behördenwillkür.
Endlich in Berlin angekommen, hofften sie auf Sicherheit und die Möglichkeit, ein neues Leben
aufzubauen. Die Familie wurde in einer Notunterkunft für Flüchtlinge, der Traglufthalle im Stadtteil
Moabit– dem sogenannten ‚Ballon’ – untergebracht. Sie versuchten, in Deutschland Fuß zu fassen
und trotz der fürchterlichen Umstände im Lager die Strapazen und Demütigungen der Flucht zu
vergessen.
Doch am 27.09.2016 wurde die kleine Tochter der Familie Fadl von einem anderen Bewohner im
direkten Umfeld der Notunterkunft sexuell missbraucht. Der mittlerweile verurteilte Täter wurde
bei der Tat von Bekannten der Familie überführt und sofort dem Sicherheitspersonal der Unterkunft
übergeben.
Nach Recherchen von KOP und ReachOut berichten damals Anwesende, dass sich an dem sonnigen
Septembertag viele Bewohner*innen des Lagers draußen vor der Halle aufhielten und sich die Tat
zwar schnell rumgesprochen hatte, jedoch trotz allgemeiner Aufregung keiner an Selbstjustiz dachte
oder sich dem Täter näherte. Allen war klar, dass dieser nun von Sicherheitspersonal und Polizei
behandelt würde, dahin hatten die unmittelbaren Zeugen des Missbrauchs den Mann schließlich
eigenhändig übergeben.
Zeug*innen berichten auch, dass die vom Sicherheitspersonal alarmierte Polizei mit mehr als 30
Beamt*innen anrückte, das Gelände umstellte, und alle Menschen bleiben mussten, wo sie sind,
niemand durfte rein oder rausgehen. Vor Ort wurde der Missbrauchsfall aufgenommen, der Täter
und die beiden Zeugen befragt. Die Polizei führte den Täter ab, brachte ihn zu einem Polizeiauto,
schloss die Türen, hinter denen der Täter sicher saß. Dann fielen Schüsse.
Fakt ist: Drei Polizeibeamte schossen auf Hussam Fadl, den unbewaffneten Vater des
missbrauchten Mädchens, als dieser sich dem Täter zu nähern versucht haben soll. Eine Kugel traf
ihn tödlich von hinten. Hussam Fadl stirbt noch am selben Tag im Krankenhaus. Er wurde im Alter
von 29 Jahren von Berliner Polizeibeamten von hinten erschossen. Er hinterlässt eine Frau und drei
Kinder.
Die Version der Polizei: Hussam Fadl sei mit einem Messer auf den Täter losgegangen. Diese
Geschichte ermöglicht den Schützen zu behaupten, sie hätten aus Notwehr geschossen und bedient
gleichzeitig das rassistische Stereotyp des ‚aggressiven, stets mit einem Messer bewaffneten Arabers, der nach Rache und Selbstjustiz sinnt’. Später tauchte ein Küchenmesser als ‚Beweismittel’ auf, das die Geschichte der Schützen untermauern soll.
Recherchen von Unterstützer*innen zeichnen ein anderes Bild und werfen viele noch offene Fragen
auf – diese müssen öffentlich und vor einem Gericht geklärt werden: Keine*r der Menschen an der
Traglufthalle hat das Messer vor Ort gesehen, Zeug*innen bestätigen übereinstimmend, HussamFadl sei definitiv unbewaffnet gewesen.
Wir fragen: warum haben die Polizisten geschossen? Wen wollten sie schützen? Ihre Kollegen – in
deren Richtung sie feuerten? Den Täter – der bereits gesichert im Auto saß? Welche Gefahr stellte
Hussam Fadl für wen da?
Wir fordern: Lückenlose Aufklärung der Erschießung von Hussam Fadl! Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft und ein Strafverfahren gegen die Polizeibeamten, die auf Hussam Fadl geschossen haben! Die sofortige Suspendierung der beschuldigten Polizisten!
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