Tag: Chartermaschine

22.03.2021: Berlins lebensgefährliche Abschiebepolitik – Suizid eines jungen Mannes aus Guinea

Gemeinsame Pressemitteilung
Flüchtlingsrat Berlin, Guinée Solidaire, Beratungs- und Betreuungszentrum für junge
Geflüchtete und Migrant*innen BBZ, Black Lives Matter Berlin, Migrantifa Berlin, We’ll Come
United Berlin Brandenburg, Moabit hilft e.V., Schöneberg hilft e.V., Be an Angel e.V.,
Willkommen im Westend, ISD Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V.

Flüchtlingsrat BerlinGuinée SolidaireBeratungs- und Betreuungszentrum für junge Geflüchtete und Migrant*innen BBZ, Black Lives Matter Berlin, Migrantifa Berlin, We’ll Come United Berlin Brandenburg, Moabit hilft e.V., Schöneberg hilft e.V., Be an Angel e.V., Willkommen im Westend, ISD Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V.

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Berlins Innensenator präsentiert sich im Vorwahlkampf als Hardliner in Punkto Abschiebungen. Ob Guinea, Afghanistan oder die Republik Moldau, vom Koalitionsversprechen einer humanen Abschiebepolitik ist viereinhalb Jahre später nichts mehr übrig.

Mit der durch einen medienwirksamen öffentlichen Auftritt im Görlitzer Park unterstützten Einladung einer fragwürdigen Guineischen Delegation zur Ausstellung von Abschiebedokumenten[1] und der Beteiligung Berlins an der bundesweiten Massenabschiebung am 16.3. nach Guinea ist in der Berliner Guineischen Community Panik ausgebrochen.

Wir gehen davon aus, dass diese Situation bei dem in Berlin lebenden geflüchteten Alpha Oumar Bah aus Guinea dazu geführt hat, dass er den psychischen Druck nicht mehr aushielt und sich in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch das Leben nahm. Der 27jährige lebte seit mehr als drei Jahren in Berlin in einer Geflüchtetenunterkunft, hatte eine Duldung und verdiente seinen Lebensunterhalt bei einer Reinigungsfirma. Wir fordern eine genaue Aufarbeitung der Umstände seines Todes und dessen Zusammenhang mit dem psychischen Druck und der Ausweglosigkeit durch die aktuelle Berliner Abschiebepolitik.

Wir fordern den Innensenator auf, statt sich im Vorwahlkampf zu Lasten von geflüchteten Menschen mit  Abschiebungen zu profilieren, endlich funktionierende Legalisierungs- und Bleiberechtsregelungen umzusetzen, um den betroffenen Menschen eine Perspektive zu bieten, statt rassistische Ressentiments zu fördern.

In 2020 haben sich bundesweit die Abschiebezahlen infolge der Corona-Pandemie mehr als halbiert. Berlin ist als einziges Bundesland auf dem Niveau des Vorjahrs geblieben und hat  2020  fast 10 % der Abschiebungen bundesweit zu verantworten.[2]

Berlin organisiert  monatlich Massenabschiebungen in die Republik Moldau. Betroffen sind zum Großteil Rom*nja, welche in dem Corona gebeutelten Land weder Perspektive noch einen Zugang zu Gesundheitsversorgung haben. Trotzdem schob Berlin sogar Menschen im Rollstuhl, in laufender Chemotherapie oder in Tuberkulosebehandlung nach Moldau ab, ohne dass dort eine Weiterbehandlung gewährleistet ist.[3] Bei den bundesweiten Abschiebungen nach Afghanistan beteiligt sich Berlin an fast jedem Charter, so mit der Abschiebung eines jungen Mannes aus der Jugendstrafanstalt in Anstaltskleidung und ohne Geld[4] oder der eines Opfers von gewalttätiger Hasskriminalität .[5]

Wir trauern um Alpha Oumar Bah.

Wir fordern den Senat auf, den Koalitionsversprechen aus 2016 gerecht zu werden: Stopp der polizeilichen Panikmache – Weg von Abschiebungen – Hin zu Bleiberecht.

Für die Überführung des Leichnams nach Guinea werden Spenden gesammelt: https://gofund.me/b5a5e302

Pressekontakt:

Guinée Solidaire: Balde Aissatou Cherif, Tel. 0159 0160 4413

Flüchtlingsrat Berlin: Nora Brezger, Tel.: 0176 7720 9320, E-Mail brezger@fluechtlingsrat-berlin.de

[1] https://fluechtlingsrat-berlin.de/wp-content/uploads/offener-brief-zu-presseauftritt-des-innensenators-im-goerlitzer-park-am-5.3.21.pdf

[2] https://fluechtlingsrat-berlin.de/abschiebungen_2019_2020/

[3] https://fluechtlingsrat-berlin.de/wp-content/uploads/30_7_20_pm-keine-solidaritaet-mit-gefluechteten-abschiebungen-zur-nachtzeit-in-corona-gebiete.pdf

[4] https://fluechtlingsrat-berlin.de/wp-content/uploads/pm_charter_afghanistan_dez2020.pdf

[5] https://fluechtlingsrat-berlin.de/wp-content/uploads/pm_opfer_hasskriminalitaet_abgeschoben.pdf

Update: Abschiebung nach Pakistan heute stoppen!!!

Wir haben jetzt eine Info- und KontakttelefonNr.: 0049-151/71104251

Wir sind immer noch nicht sicher, ob es heute abend eine Charterflug mit Air Berlin direkt nach Lahore/Pakistan geben wird oder einen normalen Passagierflug. Falls es eine Sammelabschiebung in einer Chartermaschine sein wird, kann es gut sein, dass aus Deutschland weitere Transporte von Geflüchteten nach Berlin organisiert werden. Passt auf und gebt Informationen weiter! Falls ihr von Menschen hört, die heute nach Berlin gefahren werden, informiert ihr Anwält_innen!

Vier Geflüchteten sind jedenfalls noch nicht aus Wien losgeflogen, sondern befinden sich dort im Abschiebegefängnis. Mindestens eine Person wurde schon nach Ungarn abgeschoben (Dublin II), eine weitere Person soll ebenfalls nach Ungarn abgeschoben werden. Über zwei weitere Personen gibt es keine klaren Informationen.

Es gibt viele verschieden Infos und es ist schwer rauszufinden was passieren wird… Bisher gingen wir davon aus, dass es eine Sammelabschiebung in einem Chartflug von Air Berlin nach Lahore/Pakistan geben wird. Eventuell geht der Flug aber von Berlin nach Doha/Qatar, eventuell sogar von Wien direkt nach Qatar. Sobald wir genauere Infos haben, werden wir sie hier veröffentlichen!