Räumung des Hungerstreik-Camps in München

02.07.2013: Ca. 60 Menschen nahmen an der Demonstration teil.

01.07. 2013 Politische Erklärung zur Räumung des Refugeecamps in München:

Herrschende Politik ist Totengräberin, nicht Lebensretterin der Asylsuchenden! – Deutsches Asylrecht tötet Menschen und Hungerstreikende gefährden sich dagegen ausschließlich selbst!“

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http://www.youtube.com/watch?v=Nz6RStFKCK0

Aufruf zur Protestdemonstration gegen polizeiliche und behördliche Repression!

Dienstag 02.07.2013       17.00 Uhr

vor dem Bundesinnenministerium, Alt-Moabit 101D, 10559 Berlin

„Angesichts der brutalen Räumung der hunger- und durststreikenden Asylsuchenden fordern wir einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss mit Beteiligung außerparlamentarischer Flüchtlingsorganisationen sowie eine Offenlegung aller angeblichen ´Angebote´ im Detail aus allen so genannten ´Vermittlungsgesprächen´ durch die politisch Verantwortlichen. In Zukunft keinerlei Gespräche mehr unter Ausschluss der Öffentlichkeit!“

Mit der Räumung und Zwangseinweisung in Krankenhäuser der hunger- und durststreikenden Asylsuchenden vom Rindermarkt in München versuchen sich die politisch Verantwortlichen nun als angebliche Lebensretter_innen aufzuspielen und von sich als Verursacher_innen für die unmenschliche Lebenssituation, für eine Abschreckungs- und Ausgrenzungsstrategie als Flüchtlingsabwehr und Repressionspolitik abzulenken. Dies dient in erster Linie der Erhaltung und Festigung eigener Macht- und Herrschaftsansprüche in einem System, das Rassismus und soziale Ausgrenzung als Grundpfeiler in sich trägt. Viele Asylsuchende haben sich bereits in den verschiedensten Flüchtlingslagern deutschlandweit das Leben genommen. Über das Schicksal vieler Flüchtlinge, die in eine ungewisse und auch lebensbedrohliche Zukunft deportiert wurden, ist seit dem gar nichts mehr bekannt. Mit der Räumung der hunger- und durststreikenden Asylsuchenden und deren Kriminalisierung als öffentliches Problem in München wurde nun lediglich versucht, ein Problem kurz vor den Landtags- und Bundestagswahlen aus der öffentlichen Wahrnehmung zu entfernen und sich selbst ein Image als Lebensretter_innen zu verpassen. Die Entschlossenheit sowie Verzweiflung der Betroffenen sowie ihre Probleme bleiben jedoch. Wann wird sich der_die nächste Asylsuchende in einem der Flüchtlingslager umbringen?

Dem rechten und rassistischen Teil der Wählerschaft der herrschenden Politik, der sich auch im Umfeld des Refugeecamps in München aufgehalten und durch Stimmungsmache gegen die Asylsuchenden aufgefallen ist, mag die Räumung gefallen haben. Die herrschende Politik sowie die beteiligten angeblichen „Vermittler_innen“ spielen ihnen mit einer gezielten Desinformations- und Verschleierungspolitik in die Hände, versuchen dies aus wahltaktischer und/oder bewusst rassistischer Motivation für sich zu nutzen sowie Ressentiments und Ängste zu schüren. Leider spielen hier auch Teile der Medien und Gesellschaft mit, die einseitig ausschließlich die Statements der herrschenden Politik zu der Räumung veröffentlichten, ohne diese zu hinterfragen. Dabei ist viel zu offensichtlich, dass gerade das letzte angebliche Vermittlungsgespräch unter Einbeziehung der Vermittler_innen Hans-Jochen Vogel sowie Alois Glück in Begleitung der schon vorher durch eine harte und menschenverachtende Linie gegen Asylsuchende sowie durch die Ignoranz gegenüber deren unmenschlichen Lebensbedingungen aufgefallene Bayerischen Sozialministerin Christine Haderthauer lediglich die Räumung unter dem Vorwand „Leben retten zu wollen“ vorbereiten und legitimieren sollte. Die Umdeutung der Folgen jahrelanger Ignoranz und Aufrechterhaltung bzw. Verschärfung unmenschlicher Lebensbedingungen, von Isolation, Abschiebungsängsten und Ausgrenzung als Erpressungsversuch passte ebenso in diese Kriminalisierungsstrategie, wie die Darstellung als „kompromisslos“, um die hunger- und durststreikenden Asylsuchenden und ihre Forderungen zu diskreditieren und die Schuld für die Räumung ihnen alleine zuschreiben zu können.

Dass Alois Glück (CSU) als „Vermittler“ heute in der Berliner Zeitung verlautbaren lässt, dass es „ … keinerlei Bereitschaft [gab], sich auf irgendwelche anderen Dinge einzulassen“ und nicht konkret benennt, welche diese „irgendwelchen anderen Dinge“ sind, zeigt das eigentliche Problem. Es gab keine Angebote irgend welcher Art beim letzten so genannten „Vermittlungsgespräch“ und die Medien waren dabei auch nicht anwesend. Im Vorfeld war die Falschinformation zum Angebot eines Aufenthaltsstatus über den § 23a durch die Medien gegeistert, das es ebenfalls nie gegeben hat aber ebenfalls zur Darstellung einer angeblichen „Kompromisslosigkeit“ der betroffenen Asylsuchenden beitrug. Lediglich die Einräumung einer beschleunigten Bearbeitung der Asylanträge innerhalb von 14 Tagen mit offenem Ausgang war im Vorfeld – aber auch nicht mehr im letzten Gespräch – ein Thema. Dass die als „maximale“ und angeblich „unerfüllbar“ bezeichnete Forderung nach einer Anerkennung als Flüchtlinge nach §16a sowohl die Erfüllung aller bisherigen Forderungen, wie z.B. Abschaffung der Residenzpflicht, Lager und Abschiebungen sowie Arbeitserlaubnis, medizinische/psychotraumatische Versorgung und gesellschaftliche Teilhabe automatisch mit einschließt, als auch die Anerkennung von Flüchtlingen und Fluchtgründen als generell politisch, wurde einfach unterschlagen.

Wir protestierenden Refugees in Berlin und ihre Unterstützer_innen solidarisieren uns mit den Protestierenden in München und verurteilen die brutale Räumung des Refugeecamps. Selbst wenn es unterschiedliche Auffassungen zu verschiedenen Aktionsformen gibt, lassen wir uns nicht entsolidarisieren und gegen einander ausspielen Uns ist noch gut im Gedächtnis, wie die herrschende Politik beim Hungerstreik vor dem Brandenburger Tor agierte, erst über die Berliner Polizei das „Problem“ bereinigen zu lassen, dann Gesprächsbereitschaft vortäuschte, um diesen zu beenden und nur wenige Tage später betonte, nichts ändern zu wollen. Dass in München selbst rechtswidrige Handlungen der Polizei (Beginn der Räumung vor der ersten Durchsage, Abtransport von Hungerstreikenden ohne medizinische Betreuung in Zivilfahrzeugen in das Polizeipräsidium sowie der brutale Umgang mit Menschen, die sich nach Aussagen der Polizei und beteiligter, vor Ort dann nicht eingreifender Behörden in einem „lebensbedrohlichen“ Zustand befanden) während der Räumung nicht kommentiert und in Teilen der Medien einfach ignoriert werden, zeigt wie die Propaganda- und Repressionsmaschinerie der herrschenden Politik wirkt und unhinterfragt angenommen wird. Aber auch das wird uns nicht stoppen bzw. daran hindern, unsere berechtigten Forderungen auf die Straße zu tragen sowie den unmenschlichen Umgang mit uns öffentlich zu machen!

Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört!

Residenzpflicht, Lagerunterbringungen und Deportationen stoppen!

Niemand ist illegal! Wir bleiben alle!

Die protestierenden Refugees und Unterstützer_innen des Refugeeprotestes in Berlin

english in parts:

July 1, 2013 Declaration on eviction of hungerstrike camp in Munich:

 “The ruling policy is not a lifesaver of asylum seekers – but their gravedigger!

Off course German asylum laws never kill people and off course asylum seekers are only damaging themselves “!

 Call for protest demonstration against police and government repression:

 July 2, 2013 at 5 pm

in front of the Ministry of Interiors, Alt-Moabit 101d, 10559 Berlin

“Given the brutal eviction of the hunger and thirst striking asylum seekers in Munich we demand a special parliamentary research committee with the participation of non government refugee organizations and a disclosure in detail of all alleged ‘offers’ made during all those so-called ‘mediation talks’ by the political leaders. In future no more “closed to the public” negotiations! ”

With the eviction and compulsory admission to hospital of hunger and thirst striking asylum seekers from the Rindermarkt in Munich, the political leaders are now trying to air themselves as alleged lifesavers and divert attention away from themselves as perpetrators for the inhuman living conditions, for the deterrence and the repression policy as a protection against refugees and. This is primarily to preserve and consolidate their own power and authority within a system that takes racism and social exclusion as a cornerstone of its existence. Many asylum seekers have already taken their own lifes all over Germany in various refugee camps. About the fate of many refugees, since they were deported into an uncertain and often life-threatening future, nothing more is known. With the evacuation of the hunger and thirst striking asylum seekers and their further criminalization as a public problem in the city of Munich the authorities are simply trying to remove a problem from the public eye shortly before the state and federal elections later this year. The desperation and determination of those affected as well as their problems altogether still remain. When another asylum seekers is going to kill him- or herself in a refugee camp?

We the protesting refugees in Berlin and supporters express our solidarity with the protesters in Munich and condemn the brutal eviction of the hungertrikers camp. Even if there are different opinions on different forms of action, we will not lower our solidarity nor let ourselves be played off against each other. We are still remembering how the prevailing politicians have operated during the hunger strike in front of the Brandenburger Tor last year, at first trying to end the “problem” with the Berlin police, then pretending their willingness to talk in order to finish the strike, only to strengthen a few days later that they are not going to change anything anyway.

The fact that part of the media in Munich simply neglected the illegal actions of the police – start of the eviction before any announcement, removal of the hunger strikers without medical care right into civilian vehicles and up to the police headquarters and the brutal treatment of people who, according to even the police and others involved, were in a “life-threatening” condition – shows clearly how the propaganda and repressive machinery of the ruling policy works and how it is accepted without question.

But even that will not stop us carrying our legitimate demands to the streets and making public the inhuman treatment of ours!

We are here because you destroy our countries!

 Stop Residenzpflicht, Lagers and deportations!

 No one is illegal! We all will stay!

The protesting refugees and supporters of the Refugee protest camp Oranienplatz