Pressemitteilung vom 22.10.2014
Nichts gelernt und nichts gewollt
LAGeSo schickt 85 Oranienplatz-Flüchtlinge in die Obdachlosigkeit
Die Flüchtlinge vom Oranienplatz müssen erneut schmerzlich spüren, dass das „Einigungspapier Oranienplatz“ das Papier nicht wert ist auf dem es steht.
Nach Informationen von TeilnehmerInnen des „Oranienplatz-Agreements“ sollen heute insgesamt 85 Menschen ihre Unterkünfte in Marienfelde, Neukölln und Friedrichshain verlassen. Nach dem im August bereits über 100 Menschen in einer Nacht und Nebel Aktion ihre Unterkünfte verlassen mussten, wird erneut auf die gleiche unmenschliche Weise vorgegangen.
Vor weniger als 24h haben die Flüchtlinge erfahren, dass sie heute ihre Unterkünfte verlassen müssen. Folge des verantwortungslosen Handelns des Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) und der Ausländerbehörde sind psychische Zusammenbrüche bis hin zu Suizidversuchen.
Die 85 vom Rausschmiss betroffenen Personen fallen unter das „Einigungspapier“, das Anfang des Jahres zwischen der Senatorin Kolat im Auftrag des Berliner Senats und einer Delegation von Flüchtlingen verhandelt wurde.
Für die Zeit der aufenthaltsrechtlichen Prüfung sind den Menschen Unterbringung und Sozialleistungen des Landes zugesichert wurden. Doch dass die aufenthaltsrechtliche Prüfung in rund 20% der Fälle noch gar nicht abgeschlossen ist, scheint der Ausländerbehörde und LAGeSo schlichtweg egal zu sein. In einem Einzelfall hat die aufenthaltsrechtliche Prüfung noch gar nicht begonnen, obwohl explizit um eine Einladung gebeten wurde, diese aber nicht erfolgte. Der Senat offenbart mit seinem willkürlichen und intransparenten Vorgehen abermals seinen menschenunwürdigen Umgang mit Flüchtlingen in dieser Stadt.
Unter den akut von Obdachlosigkeit betroffenen Flüchtlingen befinden sich neben Familien mit Kleinkindern auch stark traumatisierte und schwer kranke Menschen.
Herr D. ist an Tuberkulose erkrankt und wurde nach 2-wöchiger Behandlung vor kurzem erst aus dem Krankenhaus entlassen. Er hat noch nicht einmal eine Ablehnung seines Antrags auf humanitären Aufenthalt bekommen und dennoch ist er ab heute auf der Straße. Dieses Vorgehen widerspricht der im Agreement gemachten Zusage, dass die Verfahren im „Rahmen aller rechtlichen Möglichkeiten“ geprüft werden. Für Herrn D. ist ab heute völlig unklar, wie er sich von seiner TBC Erkrankung erholen soll und unter welchen Umständen er die 6 Monate dauernde Therapie bewältigen kann, wenn er ab heute wieder auf der Straße leben muss.
Auch der Fall eines Menschen mit gefährlicher und intensivmedizinisch behandlungsbedürftiger Epilepsieerkrankung hindert Ausländerbehörde und LAGeSo nicht daran den Betroffenen auf die Straße zu setzen. Zumal durch den behandelnden Arzt attestiert wurde, dass eine Obdachlosigkeit, die mit Schlafmangel einhergeht, unbedingt zu vermeiden ist, da die Anfälle nachweislich dadurch ausgelöst wurden. Auch diese Person befindet sich rechtlich immer noch im Entscheidungsverfahren auf humanitären Aufenthalt. Ein weiterer Flüchtling befindet sich derzeit wegen akuter Suizidgefahr in der Psychiatrie, sobald er entlassen wird, wird auch er auf der Straße stehen.
Die Flüchtlinge vom Oranienplatz haben sich mit der Räumung des Platzes an ihren Teil der Vereinbarung gehalten. Der heutige Rausschmiss zeigt abermals den Unwillen des Senats sich an seinen Teil der Vereinbarung zu halten.