PM vom RAV: Ausländerbehörde muss die Zusagen aus dem "Einigungspapier" umsetzen

22.9.2014

Senatorin Kolat schafft Klarheit:  ›Einigungspapier‹ wurde vom gesamten Senat verabschiedet, Ausländerbehörde muss die Zusagen umsetzen

Zahlreiche im RAV organisierte Kolleginnen und Kollegen vertreten die protestierenden Flüchtlinge vom Oranienplatz und der Gerhart-Hauptmann-Schule. Sie haben dabei die Feststellung machen müssen, dass gerade diese Mandanten seitens der Berliner Ausländerbehörde schlechter behandelt werden, als dies bei Flüchtlingen in Berlin ohnehin schon der Fall ist. Und das trotz des ›Einigungspapiers‹, das explizit eine »umfassende Prüfung der Einzelfallverfahren« und «Unterstützung« der Flüchtlinge vorsieht.

Der RAV hat mit Presseerklärung vom 14.08.2014 darauf hingewiesen, dass »in keinem Fall ernsthaft einzelfallbezogen geprüft wurde. Es gibt keine einzige Umverteilung nach Berlin, keine einzige Aufenthaltserlaubnis, keinen Abschiebestopp«. Mit dieser rigiden Haltung der Ausländerbehörde werden die Verfahren so einfach beendet, die Flüchtlinge von einem Tag auf den anderen in die Obdachlosigkeit getrieben. In dem schon zynisch zu nennenden Verhalten des Innensenators wird das besonders deutlich: Er fühlt sich an das ›Einigungspapier‹ nicht gebunden, behauptet aber gleichzeitig, die Ausländerbehörde habe es angemessen umgesetzt.

Antwortschreiben der Senatorin Kolat
Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen

Der RAV hat daraufhin in einem Schreiben an die Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen um Aufklärung dieser Vorgänge gebeten. Weiter wollte der RAV wissen, ob die Senatorin das ›Einigungspapier‹ mit  Rechtsbindungswillen unterschrieben hat.

Die Senatorin Kolat antwortete dem RAV mit Schreiben vom 11. September 2014, dass sie damit beauftragt war, »für den Senat über Gespräche mit den Flüchtlingen eine Einigung zu erzielen« und weiter: »Jedes Wort im Einigungspapier wurde in Chefgesprächen zwischen Herrn Senator Henkel und mir abgestimmt«. Sie teilt zudem mit, es »besteht kein Zweifel daran, dass das Papier Rechtswirkung entfaltet«.

Das Papier sei auch »im Senat ausführlich vorgestellt« worden, und es wurde im Senat zudem »Einvernehmen mit dem Einigungspapier festgestellt«. Für den Vorstand des RAV ist mithin klar, dass die Ausländerbehörde und Innensenator Henkel in klarem Widerspruch zu der erzielten Vereinbarung handeln.

Rechtsanwältin und RAV-Vorstandsmitglied Franziska Nedelmann erklärt hierzu, »anders kann das auch gar nicht sein, denn der Regierende Bürgermeister Wowereit, Innensenator Henkel und Senatorin Kolat haben das ›Einigungspapier‹ am 18. April 2014 gemeinsam der Öffentlichkeit als ihren Erfolg vorgestellt. Die Flüchtlinge haben ihrerseits alle Vorgaben erfüllt und die Besetzungen von Oranienplatz und Hauptmann-Schule eingestellt. Das Handeln der Ausländerbehörde widerspricht der Vereinbarung und den Aussagen der Senatorin eklatant. Der RAV-Vorstand fordert daher vom Berliner Senat, unmittelbar dafür Sorge zu tragen, dass die Verfahren in rechtskonformer Weise und im Geiste des ›Einigungspapiers‹ geführt werden. Für die bereits beendeten Verfahren bedarf es einer Wiederaufnahme«.

Der RAV-Vorstandsvorsitzende und Rechtsanwalt Martin Heiming: »Mit ihrem Schreiben macht die Senatorin zugleich deutlich, dass es im öffentlichen Interesse liegt, eine Lösung für die Flüchtlinge nicht irgendwo, sondern in Berlin zu finden. Das Verhalten der Ausländerbehörde und des Innensenats ist unerträglich. Der Regierende Bürgermeister ist noch im Amt und muss hier sofort seine Richtlinienkompetenz einsetzen«.

Der RAV fordert den Berliner Senat auf:

Der Senat muss sofort einen Beschluss für die Flüchtlinge vom Oranienplatz und der Hauptmann-Schule fassen, der folgende Mindestregelungen enthält:
* Wiederaufnahme aller bereits als beendet erklärten Verfahren
* Erteilung einer humanitären Duldung für alle bis zum rechtskräftigen Abschluss der Antragsverfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
* Berücksichtigung der im Einigungspapier enthaltenen Unterstützungszusagen im Rahmen der behördlichen Ermessenausübung.
*  Das Aufenthaltsgesetz beinhaltet verschiedene Möglichkeiten, den Rechtsstatus der Personen zu Gunsten der Betroffenen zu regeln. Wir fordern, diese strikt anzuwenden.

Zudem fordert der RAV:

*  Die Aufhebung der Residenzpflicht bundesweit.
*  Die Unterbringung aller Flüchtlinge und Asylbegehrenden in Wohnungen und nicht in Sammelunterkünften.
*  Den umgehenden Zugang zu Deutschkursen, Arbeitsmarkt und Bildungseinrichtungen.
*  Das Engagement des Berliner Senats bei der Bundesregierung für die umgehende Änderung des Europäischen Flüchtlings- und Asylrechts, besonders Dublin III, sowie die Entwicklung menschenrechtskonformer Verträge und Gesetze, die das Massensterben von Flüchtlingen beenden.

Kontakt
RAV-Geschäftsstelle Tel. 030.417 235-55

PM_Senatorin Kolat schafft Klarheit (PDF)